Die erneute Forderung von Olaf Scholz nach einem höheren Mindestlohn ist nach Ansicht von Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt ein Affront gegenüber der unabhängigen Mindestlohnkommission aus Vertretern von Gewerkschaften, Arbeitgebern und Experten. "Sie unterstreicht auch, was der amtierende Bundeskanzler von der im Grundgesetz verankerten Tarifautonomie hält: offenbar nichts. Dabei wurde die Kommission explizit dafür ins Leben gerufen, um die Festlegung eines politischen, um nicht zu sagen: wahltaktisch-motivierten Mindestlohns, der die volkswirtschaftlichen Realitäten ausblendet, zu vermeiden."
Genau dieses Signal gehe aber von der wiederholten Einmischung in die Arbeit der Mindestlohnkommission durch Scholz aus. Und es offenbare eine erschreckende Ignoranz der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage Deutschlands: "Dass wir uns seit Monaten zwischen Mini-Wachstum und Rezession bewegen, dass ein Mindestlohn von 15 Euro gravierende Konsequenzen für das gesamte Tarifgefüge in etlichen Branchen hätte und somit direkt in die Tarifpolitik eingreift. Und dass Beschäftigte bei dieser Mindestlohnsteigerung allein satte 62 Prozent mehr Lohnsteuer zahlen müssten."
Wenn der Kanzler tatsächlich das Portemonnaie von Arbeitnehmern entlasten wolle, wäre eine Steuerreform der naheliegende Schritt. So bleibe der ungute Eindruck, dass es sich bei Vorschlag um ein plattes Wahlkampfmanöver handelt, mit dem der Bundeskanzler eine weitere Verunsicherung der Wirtschaft bewusst in Kauf nimmt.