Ein Kommentar von Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall
Der letzte Tarifabschluss in der Metall- und Elektro-Industrie war umstritten. Er hat NiedersachsenMetall einer Zerreißprobe ausgesetzt: Mit nur einer einzigen Stimme Mehrheit haben unsere Mitgliedsunternehmen letztlich dem Abschluss zugestimmt. Jedes zehnte Unternehmen drohte mit Austritt aus dem Flächentarifverband.
Tarifpolitik besteht darin, dass beide Partner um die Grenzen der Zustimmungsfähigkeit des anderen wissen. Und ihn nicht fortgesetzt überfordern. Genau dies aber war in den letzten drei Tarifrunden der Fall. Von 2012 bis 2015 sind die Tariflöhne um14 Prozent gestiegen, bei insgesamt nur 3 Prozent Inflation – es gab also real 11 Prozent mehr in nur 36 Monaten.
So ein Kostenanstieg ist über Produktivität und Preisanhebungen nicht wettzumachen. Die diesjährige Forderungsempfehlung der IG Metall in Niedersachsen, 5 Prozent, liegt nur unwesentlich unter den letztjährig geforderten 5,5 Prozent. Unser Eindruck ist nicht, dass die Ernsthaftigkeit der Lage von der Gewerkschaft überhaupt begriffen wird. Mit dieser Politik provoziert sie die Flucht der Betriebe aus dem Flächentarifvertrag. Und leistet bei jenen Betrieben, die im Flächentarifvertrag bleiben, der weiteren Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland Vorschub.