Ein Kommentar zur Notwendigkeit von Investitionen für die Digitalisierung von Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Schmidt:
„Der industrielle Mittelstand in Niedersachsen hat in Sachen Digitalisierung Fahrt aufgenommen. Aber die Herausforderungen gerade für die kleineren Mittelständler sind immens. Denn Industrie 4.0 bedeutet, dass jenseits der Massenproduktion künftig auch Kleinstserien bis hin zu Einzelanfertigungen – Stichwort Losgröße 1 – wirtschaftlich produziert werden können. Genau das berührt aber traditionelle Wettbewerbsvorteile der deutschen Industrie und vieler KMUs maßgeblich: unsere Stärke liegt bei den Spezialanfertigungen nach individuellem Kundenwunsch.
Bisher ist das ein Wettbewerbsvorteil - mitunter ein Alleinstellungsmerkmal deutscher Anbieter - der aber im Zuge der Implementierung von 4.0 von immer mehr ausländischen Wettbewerbern aufgegriffen werden kann.
Stellt man die Frage, wie weit die Unternehmen sind, sind die Unterschiede extrem, wenn man die Größenklassen der Betriebe unter die Lupe nimmt. 62 Prozent der Firmen mit über 500 Beschäftigten haben sich bisher mit 4.0-Strategien und deren Anwendung beschäftigt, aber nur 11 Prozent der Firmen mit bis zu 100 Beschäftigten. In Unternehmen von 100 bis 499 Beschäftigten sind es auch nur 24 Prozent. Das hat eine Studie des iw Köln ergeben, die wir im letzten Jahr veröffentlicht haben. Wir müssen aufpassen, dass der Mittelstand nicht den Anschluss verliert.
Die großen Aufgaben liegen im Ausbau der digitalen Infrastruktur, einer Neuausrichtung des Bildungssystems auf die Erfordernisse der Digitalisierung und mehr Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas in Deutschland - denn Industrie 4.0 gibt es nicht zum Nulltarif, sondern erfordert immense Investitionen. Das sind die Hausaufgaben, die wir gemeinsam mit der Politik angehen müssen, damit aus der Herausforderung Digitalisierung nicht eine Krise des industriellen Mittelstandes wird.
In Sachen Finanzierung haben wir bereits verschiedene konkrete Vorschläge gemacht. So ist der Einstieg in die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung ein bedeutender Baustein. Ebenso scheint uns die Wiedereinführung der degressiven AfA (Absetzung für Abnutzung) als bedeutende Abschreibungserleichterung dringender denn je. Beide Maßnahmen würden die Liquidität der mittelständischen Industrie bereits kurzfristig deutlich verbessern und nach unserer Auffassung dringend erforderliche Investitionen anregen. In die gleiche Richtung zielte auch eine Anhebung der Wertgrenzen für geringfügige Wirtschaftsgüter auf wenigstens 1.000 Euro, damit insbesondere Start-ups anfänglich über eine höhere Liquidität verfügen können. Hier wurde jüngst eine Anhebung beschlossen, was auch dringend notwendig war. Denn die Grenze lag seit 1963 (!) unverändert bei 410 Euro (damals 800 DM).
Dies insgesamt wäre eine Steuerpolitik aus einem Guss mit dem Ziel, die Investitionskraft des Mittelstandes kurzfristig und durchgreifend zu stärken beim Einstieg in 4.0 zu unterstützen. Der Investitionsbedarf ist gewaltig und fehlendes Know-How genauso wie ein Mangel an hochqualifizierten Fachkräften stehen der erfolgreichen Implementierung von 4.0 in den Betrieben noch vielfach entgegen. Das größte Risiko besteht darin, jetzt zu lange zu warten.“
Was jetzt Not tut: Ein Investitionsruck für Deutschland
Wie die Ergebnisse der letzten Konjunkturumfrage unter rund 900 Mitgliedsunternehmen der Industrieverbände im Haus der Industrie zeigten, hat sich erstmals seit 2013 der negative Trend bei den Investitionen der M+E-Industrie in Niedersachsen nicht weiter verschärft.