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Bildung
08. Dezember 2016

Wie viel Sprache braucht Mathe in der Schule?

Lehrkräfte tauschen sich beim Netzwerktreffen „MINT-Schule Niedersachsen“ in Laatzen aus.

Einige Lehrer sind auch heute noch der Meinung, ihr Fach komme mit wenig Sprache aus – Formeln und Versuche stünden an erster Stelle. „Aber erklären Sie mal spontan, wie ich mit einem Messbecher Flüssigkeiten umgieße – auf Englisch.“ Zuzana Münch-Manková von der Universität Göttingen macht so beim Netzwerktreffen der „MINT-Schule Niedersachsen“ deutlich, dass auch Sprache in den MINT-Fächern eine wichtige Rolle spiele.

Gerade Flüchtlingskindern fehlen oft nötige Vokabeln wie einfärben, verdampfen oder umfüllen. Sich den Tücken der Muttersprache für Nicht-Muttersprachler bewusst zu werden, ist in der Didaktik als „sprachsensibler Unterricht“ bekannt. An der Albert-Einstein-Schule gibt Manková konkrete Tipps, wie auch Schüler mit Deutsch als Fremdsprache dem Unterricht folgen können: „Wir brauchen die Sprache: Im Chemieunterricht reicht es nicht, sich Inhalte nur bildlich vorzustellen und mit Formeln zu arbeiten. Und die Lehrkräfte sind hungrig nach den Materialien und wissen was damit anzufangen.“

Zum Exzellenz-Netzwerk gehören derzeit 13 Schulen aus Niedersachsen.

Mit den Materialien meint sie zum Beispiel Arbeitsblätter, auf denen zusätzlich eine Wortliste und Sprechhilfen abgedruckt sind. So sind bei einem physikalischen Experiment Satzanfänge formuliert, die von den Kindern ergänzt werden – das erleichtert den Einstieg, Alltagssprache in Fachsprache umzuwandeln. Das hilft nicht nur den Flüchtlingskindern: Laut Manková lernen die Schüler in einer Unterrichtsstunde etwa neun neue Fachbegriffe, jedes sechste Wort in einem Schulbuch sei ein Fachbegriff. Lehrer Ulrich Schmidt-Wöckener freut sich über die Unterstützung: „Zu uns kommen immer öfter Schüler mit wenigen Deutschkenntnissen. Die Methoden helfen, abstrakte Begriffe verständlich zu machen.“

Für Imme-Kathrin Lösch, Bildungsreferentin der Stiftung NiedersachsenMetall, sind die Netzwerktreffen ein echter Mehrwert: „Wir möchten den Schulen als verlässlicher Partner in Sachen MINT zur Seite stehen.“ Das Exzellenz-Netzwerk besteht aus 13 niedersächsischen Schulen, die in einem mehrstufigen Bewerbungsverfahren von ihrem MINT-Angebot überzeugen konnten. Seit fünf Jahren zeichnen die Stiftung NiedersachsenMetall, die NORDMETALL-Stiftung und die VME-Stiftung Osnabrück-Emsland gemeinsam mit dem Niedersächsischen Kultusministerium engagierte Schulen aus.

Drei Fragen an...

Zuzana Münch-Manková, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Göttingen

Warum brauchen wir Sprache in naturwissenschaftlichen Fächern?

MINT-Lehrer sagen oft, sie brauchen kaum Sprache – sie geben schließlich keinen Deutschunterricht. Doch mittlerweile beobachte ich immer mehr, wie gerade jungen Lehrern bewusster wird, dass es viele sprachliche Tücken gibt. Diese können wir mit sprachsensiblem Unterricht auffangen.

Warum ist das so wichtig?

Nur so können wir alle Kinder mitnehmen – auch diejenigen, die noch nicht gut Deutsch sprechen können.

Wie führen Sie Lehrer an das Thema heran?

Ich versuche sie zu irritieren: Sie sollen sich über ein Experiment äußern, allerdings nicht in ihrer Muttersprache. Da merken sie schnell, dass ihnen Vokabeln fehlen. Das zeigt einfach, wie wichtig Sprache für den Lerneffekt ist.

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