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03. Dezember 2018

Wie ein Industrie-Dienstleister Menschen mit Handicap ins Berufsleben integriert

Beim Industrie-Dienstleister Lammetal arbeiten Menschen mit Behinderung sogar an der CNC-Maschine. Sie fertigen präzise Teile, sind zuverlässig und akkurat.

Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel aus Niedersachsen.

Ganz langsam senkt Marcel Willers den Bohrer auf das Werkstück. Millimeter für Millimeter frisst sich die Spitze nun ins Metall. Willers ist voll konzentriert. Werkstattleiter Reik Lehmann schaut gebannt zu. Denn bei dem anzufertigenden Maschinenbauteil ist Präzision gefragt.

Die Szene könnte sich so in vielen Metallbetrieben abspielen. Und doch ist das hier etwas Besonderes: Der junge Mann an der Standbohrmaschine hat ein persönliches Handicap. Deshalb hilft Chef Lehmann ihm bei seinem Job.

Arbeit in der Werkstatt bringt Wertschätzung

Ort des Geschehens: Eine Werkstatt für Behinderte der Lammetal GmbH im niedersächsischen Lamspringe übernimmt als Dienstleister Lohnaufträge, fertigt Metallteile und Holzprodukte, verpackt Waren oder pflegt Grünanlagen. An zwei Standorten in der Region Hildesheim gibt sie 450 Menschen mit Behinderung Arbeit – sowie einer ganzen Reihe von Handwerkern, Technikern und Ingenieuren. Hinzu kommen Sozialarbeiter, Pädagogen und Pfleger. Sie machen mit ihrem therapeutischen Engagement die Arbeit der gehandicapten Kollegen erst möglich.

Die wiederum freuen sich über die Wertschätzung, die sie durch die Aufgabe erfahren. „Die Menschen, die wir hier betreuen, bringen sich voll und ganz ein“, berichtet Geschäftsführerin Carolin Reulecke. „Wir machen die Erfahrung, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten sehr wohl leistungsfähig, zuverlässig und genau sind.“ Wegen ihrer Behinderung brauchen sie allerdings ein gewisses Maß an Unterstützung.

Gruppenleiter brauchen Zusatzausbildung in Sonderpädagogik

Dann aber arbeiten sie sogar an CNC-Maschinen wie Marc Sporleder gerade. Allerdings: Eingerichtet hat die Maschine Michael Einzinger, der Gruppenleiter Metallbearbeitung. „Ich programmiere die CNC-Maschine und baue bestimmte Vorrichtungen, damit unsere Leute sie leichter und fehlerfrei bedienen können.“ Gruppenleiter wie er müssen übrigens zusätzlich zur fachlichen Qualifikation eine sonderpädagogische Zusatzausbildung absolvieren.

Ein weiterer Unterschied zum gewöhnlichen Metallbetrieb: Während ein Facharbeiter dort in der Regel für mehrere Maschinen gleichzeitig verantwortlich ist, steht in der Werkstatt hier an jeder Maschine ein Mitarbeiter.

Der Dienstleister denkt nun über die Einführung von 3-D-Druck nach

Bei der Qualität gibt es allerdings keine Abstriche. Für Lammetal gelten die gleichen Qualitätsansprüche wie für andere Firmen auf dem Markt auch, berichtet Werkstattleiter Lehmann. Nachsicht will er da nicht: „Die Kunden sagen, was sie brauchen. Und wir liefern das fertige Produkt. Durch Mitleid hat noch niemand was verkauft!“ Da ist Lehmann ganz nüchtern.

Auftraggeber und Geschäftspartner kommen meist aus dem Mittelstand der Region. „Für die sind wir mehr als nur eine ,verlängerte Werkbank‘“, hebt Lehmann hervor. Dieses Standing wolle man behalten. Auch deshalb diskutiert man in den Werkstätten nun darüber, ob man nicht auch 3-D-Druck anbieten solle. Lehmann: „Wir warten nicht auf das, was uns irgendwann einholt. Wir beobachten den Markt und handeln.“

Arbeitsmarkt im Überblick

Bundesweit gibt es fast 700 Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Sie geben 310.000 von ihnen Arbeit, so die Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten.

Auf dem regulären Arbeitsmarkt waren zuletzt 1,05 der 7,6 Millionen Menschen mit Behinderung beschäftigt – so viele wie noch nie.

257.000 Menschen mit schwerem Handicap arbeiten im Verarbeitenden Gewerbe – zum Beispiel in Metall- und Elektro-Unternehmen oder in der Kautschuk-Industrie.

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