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26. Juni 2018

Fachkräfte: Zentrifugen-Hersteller Thermo Electron dreht verstärkt an Ausbildung

Er entwickelt sich zur Herausforderung für Metall- und Elektrobetriebe – der Fachkräftemangel.

Über 30 Prozent der Firmen müssen schon Produktionseinbußen hinnehmen. Bei Thermo Electron bildet man deshalb verstärkt aus.

Diego Wiekenberg musste nicht lange überlegen, als er sich um einen Ausbildungsplatz bewarb. Sein Onkel arbeitet bei der Thermo Electron LED GmbH in Osterode am Harz. Der 17-Jährige wusste daher, wie gut das Arbeitsklima bei dem Hersteller von Laborzentrifugen ist. Jetzt lernt er dort Zerspanungsmechaniker. „Ich würde mich wieder so entscheiden.“

Wahrscheinlich bleibt der junge Mann lange, die Fluktuation ist äußerst gering. Das ist nicht die Regel in der strukturschwachen Region, die von der demografischen Entwicklung besonders betroffen ist. Die Menschen wandern ab, Fachkräfte sind sehr begehrt. Um das gar nicht erst zum Problem werden zu lassen, bildet der Zentrifugen-Hersteller verstärkt aus; aktuell ist es ein knappes Dutzend Azubis. Bei manchem anderen Betrieb der Metall- und Elektro-Industrie Niedersachsens wird der Fachkräftemangel schon zur Wachstumsbremse.

Viele Betriebe haben Probleme, freie Stellen adäquat zu besetzen

Er entwickele sich zum „handfesten Problem“, sagte Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Niedersachsenmetall, kürzlich. „Über 30 Prozent der Unternehmen geben in unserer Frühjahrsumfrage an, bereits Produktionseinschränkungen wegen fehlender Arbeitskräfte zu spüren. Und 71 Prozent aller Betriebe haben mittlerweile Probleme, frei werdende Stellen adäquat zu besetzen.“

Die duale Ausbildung leide unter Auszehrung. Es gebe demografisch bedingt weniger Nachwuchs, und immer mehr Schulabsolventen beginnen ein Studium. Da müsse man gegenhalten. „Wir müssen der beruflichen Qualifizierung höchste Priorität einräumen“, fordert Schmidt deshalb. „Wir brauchen einen Kraftakt der Landespolitik für die Qualität der Ausbildung in den Berufsschulen.“

Mit älteren Mitarbeitern gegen Fachkräftemangel

Zudem könne die längere Beschäftigung älterer Mitarbeiter den Fachkräftemangel mildern. 70 Prozent der Firmen setzen schon darauf; mehr als die Hälfte der Betriebe unterstützen Ältere mit ergonomischen Arbeitsplätzen, individueller Teilzeit sowie Sportangeboten. Immer mehr Beschäftigte möchten sich übers Rentenalter hinaus einbringen. Die 2017 eingeführte Flexi-Rente erleichtert das und steigert die Rente. Womöglich kann auch Thermo Electron davon profitieren. Schon jetzt sind die 330 Mitarbeiter ihrem Unternehmen sehr treu.

„Die Erfahrung und das Know-how unserer Beschäftigten sind das Pfund, mit dem wir wuchern“, sagt Geschäftsführer Elmar Rübsam. Gefertigt werden die Zentrifugen als Einzelstücke und in Serie. Wenn eine Uni, ein Labor oder ein Pharmakonzern rasch eine spezielle Zentrifuge brauchen – das Werk in Osterode liefert in drei Wochen.

Diese Flexibilität macht den Standort für die US-Konzernmutter Thermo Fisher Scientific (70.000 Mitarbeiter, 20 Milliarden Dollar Umsatz) interessant. Sie lässt im Harz Geräte für Kunden in aller Welt anfertigen. „Und die wissen, dass sie eine topmoderne Zentrifuge bekommen“, sagt der Geschäftsführer. Gemeinsam mit Produktionsleiter Dr. Martin Rotzoll führt er das Werk.

Junge Leute bleiben im Unternehmen

Nicht selten sind die Geräte zehn Jahre und länger im Einsatz. Ständig werden sie weiterentwickelt. „Unsere Zentrifugen erreichen bis zu 130.000 Umdrehungen pro Minute“, schwärmt Rotzoll. „Das ist Spitzentechnologie.“ Die Vielseitigkeit der Mitarbeiter macht es möglich. Jeder kann an unterschiedlichsten Fertigungsplätzen eingesetzt werden.

Auf diese Anforderungen werden die Beschäftigten gründlich vorbereitet. Rotzoll: „Daher setzen wir auf eigenen Nachwuchs.“ Die jungen Leute spüren das und bleiben meist im Betrieb. So ist Fachkräftemangel für die Osteroder ein Fremdwort.

Fotos: Heidrich

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