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Diskurs
04. November 2016

Arbeitgeberverbände geben Konjunkturausblick 2017

„Konjunkturelle Entwicklung uneinheitlich, Investitionen schwach – Populismus und Nationalismus gefährden Arbeitsplätze in Europa.“

„Die konjunkturelle Entwicklung gerade in unserer exportorientierten Metall- und Elektroindustrie, aber auch die Lage der Automobilzulieferer bleibt mit Blick auf das Jahr 2017 von viel Unsicherheit bestimmt. Dagegen können die Dienstleister weiter zulegen.“ So hat Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer der im Haus der Industrie zusammengeschlossenen Arbeitgeberverbände, die Ergebnisse einer heute in Hannover vorgestellten Konjunkturumfrage unter 940 Mitgliedsfirmen der Verbände zusammengefasst.

„Die Konjunktur in Deutschland ist gespalten, der Aufschwung wird in erster Linie vom Konsum getragen, davon profitiert vor allem die Dienstleistungsbranche. So erwarten fast ein Drittel der Dienstleistungsunternehmen - insbesondere der Handel - ein Plus an Aufträgen für das Jahr 2017 gegenüber 2016. Die Lage in der Industrie bleibt aber durchwachsen: Nur jeder fünfte M+E-Betrieb (20 Prozent) geht auch für das kommende Jahr von steigenden Auftragseingängen aus.“

Arbeitgeberverbände geben Konjunkturausblick 2017

Nachhaltige Schwäche der Ausrüstungsinvestitionen bereitet Sorgen 

Als vordringliches Problem sieht Schmidt die nachhaltige Schwäche der Investitionsnachfrage nach neuen modernen Produktionsanlagen in Deutschland. Laut Umfrage planen zwar 20 Prozent der M+E-Unternehmen die Investitionspläne im kommenden Jahr aufzustocken, ebenso viele fahren diese aber nach derzeitigem Planungsstand zurück. Schmidt dazu: „Die Investitionen am Standort Deutschland stagnieren weiter, der Aufbau neuer Kapazitäten erfolgt vorwiegend im Ausland. Dies trifft mittlerweile auch auf das Investitionsverhalten im industriellen Mittelstand zu. Zwischen 1991 und 2016 hat sich das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland verdoppelt, während die Ausrüstungsinvestitionen nahezu unverändert geblieben sind.“

Nachhaltige Schwäche der Ausrüstungsinvestitionen bereitet Sorgen 

Als vordringliches Problem sieht Schmidt die nachhaltige Schwäche der Investitionsnachfrage nach neuen modernen Produktionsanlagen in Deutschland. Laut Umfrage planen zwar 20 Prozent der M+E-Unternehmen die Investitionspläne im kommenden Jahr aufzustocken, ebenso viele fahren diese aber nach derzeitigem Planungsstand zurück. Schmidt dazu: „Die Investitionen am Standort Deutschland stagnieren weiter, der Aufbau neuer Kapazitäten erfolgt vorwiegend im Ausland. Dies trifft mittlerweile auch auf das Investitionsverhalten im industriellen Mittelstand zu. Zwischen 1991 und 2016 hat sich das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland verdoppelt, während die Ausrüstungsinvestitionen nahezu unverändert geblieben sind.“

Damit gehe der Weg einer schleichenden Deindustrialisierung des Standortes weiter: „Wir haben vielleicht heute noch kein sichtbares Problem, aber am Horizont zeichnet sich bereits eine spürbare Überalterung unserer Maschinen und Anlagen ab, weil über Jahre hinweg zu wenig am Standort investiert wurde. Insbesondere die Digitalisierung der Wirtschaft müsste bereits heute einen kräftigen Investitionsschub auslösen, dieser aber ist nicht feststellbar. Wenn aber für 4.0 die Investitionen der Unternehmen ausbleiben, drohen ganze Industriezweige in unserem Land bei einer der bedeutsamsten industriellen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte abgehängt zu werden.“ Dies gelte besonders für den Mittelstand, der 99 Prozent der Unternehmen und 70 Prozent der Arbeitsplätze stelle. 

Christian Budde, Pressesprecher von NiedersachsenMetall, und Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall, stellten die Ergebnisse der Konjunkturumfrage vor.

Beschäftigungsaufbau ist zum Erliegen gekommen 

„Der Beschäftigungsaufbau in der niedersächsischen Metall- und Elektroindustrie ist zum Erliegen gekommen. Zum einen hat dies konjunkturelle Gründe, die in der anhaltenden Investitionsschwäche und in der Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Weltwirtschaft begründet sind. Zum anderen melden uns gerade kleine und mittlere Betriebe fast flächendeckend, dass sie enorme Probleme haben, noch ausreichend qualifizierte Fachkräfte zu finden“, so Schmidt weiter. So hielten sich im Metall- und Elektrobereich die Unternehmen, die den Mitarbeiterstamm aufbauen wollen (17 Prozent) mit denen, die Personalanpassungen planen (19 Prozent) ungefähr die Waage. Besonders zu spüren bekämen dies die Unternehmen bei der Besetzung von Ausbildungsberufen. 

Schmidt verwies auf die allein in Niedersachsen 3.200 unbesetzten Ausbildungsstellen: „Der demografische Wandel und der ungebrochene Trend zu Abitur und Studium verhagelt den Unternehmen die Aussicht auf baldige Besserung. Die duale Ausbildung, um deren Qualität wir in der Welt beneidet werden, muss auch in den Köpfen der Jugendlichen wieder eine echte Alternative zum Studium werden. Hier sind Wirtschaft und Politik gefordert – das beginnt bei einer besseren Ausstattung der Berufsschulen und geht weiter zu einer verstärkten Werbung für die klassischen Ausbildungsgänge.“ 

Exportaussichten eingetrübt – Populismus und Nationalismus gefährden Arbeitsplätze in Europa 

Die niedersächsische Metall- und Elektroindustrie hängt zu über 80 Prozent am Export. Von einem „goldenen Herbst“ und rosigen Aussichten für das Jahr 2017 kann nicht die Rede sein. Bessere Geschäfte auf den Exportmärkten erwarten im kommenden Jahr nur 10 Prozent der befragten Unternehmen. „Der chinesische Markt lässt im Augenblick kaum belastbare Prognosen zu, auch die zunehmenden politischen Zentrifugalkräfte in der Europäischen Union sowie die beunruhigende Lage in der Türkei und im Nahen und Mittleren Osten sorgen für Unsicherheit. Konjunktureller Stabilitätsanker können 2016/2017 die USA, Kerneuropa und im Zuge der zuletzt wieder gestiegenen Ölpreise auch die rohstoffabhängigen Schwellenländer sein, deren Importfähigkeit als Folge verbesserter Rohstofferlöse wieder zunehmen könnte, wovon vor allem die deutschen Investitionsgüterhersteller besonders profitieren dürften.“

Mit zunehmender Sorge blicken die Unternehmen auf nationalistische und isolationistische Tendenzen in Europa: „72 Prozent unserer exportierenden Unternehmen haben entweder Fertigungsstätten oder direkte Geschäftskontakte in Großbritannien. Zwei Drittel erwarten von einem Brexit negative Auswirkungen für ihr Geschäft in Form von drohenden Steuern und Zöllen, durch Einschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit, Wechselkursrisiken oder Veränderungen bei Sozial- und Umweltstandards.“ 

Richtet man den Blick auf Polen, berichten Unternehmen von zum Teil deutlichen Auswirkungen seit der Regierungsübernahme durch die nationalkonservative PiS. Hier ist vielfach von steigenden rechtlichen Hürden, Investitionsstau, Problemen beim Grunderwerb für ausländische Unternehmen oder auch von politisch motiviertem Austausch behördlicher Ansprechpartner die Rede. Noch gravierender sei, so Schmidt, die Lage in der Türkei: „Fast die Hälfte unserer Industrieunternehmen unterhält Geschäftskontakte in die Türkei. Vor noch nicht allzu langer Zeit legten viele dieser Unternehmen große Hoffnung auf die Türkei als neuen Wachstumsmotor am Rande Europas. Heute ist dort für fast 90 Prozent dieser Unternehmen die Rechts- und Planungssicherheit für Investitionen nicht mehr gegeben. Die Türkei läuft Gefahr, sich als verlässlicher Standort für Direktinvestitionen zu verabschieden.“ 

Der in Europa um sich greifende Populismus und Nationalismus gefährdet Arbeitsplätze auf dem gesamten Kontinent: „Davon werden als erstes diejenigen Arbeitnehmer betroffen sein, die den vereinfachenden Botschaften der Populisten erliegen. Für Wachstum und Beschäftigung ist der um sich greifende Nationalismus in Europa Gift.“ 

Befragt wurden 940 Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie, der Autozulieferindustrie, der Kunststoff- und Kautschukindustrie sowie des Dienstleistungsbereichs in Niedersachsen. 

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