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Bildung
14. Juni 2017

Nächster Halt Zukunft: Ranga Yogeshwar wirbt in Celle für die IdeenExpo

"Wenn wir über Fortschritt reden, können wir vieles im Rückblick beschreiben. Aber die Perspektive auf das Neue ist für uns die Schwierigkeit", analysierte Ranga Yogeshwar beim traditionellen Dämmerschoppen der Stadt Celle.

Fortschritt, Algorithmen, Big Data und künstliche Intelligenz waren die Themen des Abends - es ging also um die Zukunft unserer Gesellschaft und wie die Digitalisierung darauf Einfluss nimmt. Über 150 Gäste aus der Celleschen Wirtschaft waren der Einladung des Celler Oberbürgermeisters Dr. Jörg Nigge gefolgt. NiedersachsenMetall war dieses Jahr als Partner mit dabei.

Als Ehrengast des Abends war Ranga Yogeshwar geladen, der bekannte TV-Moderator und Wissenschaftsjournalist. Er warb bei den Spitzen aus der kommunalen Politik und Wirtschaft dafür, bei der Ideen Expo vorbeizuschauen. Um zu unterstreichen, wie wichtig das dort Gezeigte auch für erfolgreiche Unternehmer ist, hielt er einen amüsanten Vortrag über das Wesen des Fortschritts.

„Wir haben ein Problem“, stellte Yogeshwar schon zu Anfang klar: „Wenn wir über Fortschritt reden, dann immer aus der Perspektive der Vergangenheit.“ Doch wenn von Vergangenem geschulte Augen auf Neues, Unbekanntes blickten, müsse eine richtige Deutung zwangsläufig scheitern. Fortschritt sei zudem unglaublich schnell. „Wir können nicht mehr sagen, wie unsere Gesellschaft in ein paar Jahren aussehen wird“, sagte Yogeshwar. Zum Beweis zeigt er zwei Fotos. Eins zeigt die Verkündung von der Wahl Kardinal Joseph Ratzingers 2005 zum Papst Benedikt XVI. Ein Meer aus Köpfen ist zu sehen, das erwartungsvoll auf den Balkon des Petersdoms blickt. 2013, zur Verkündung der Papst-Wahl von Franziskus, sind die Köpfe wieder da. Doch jetzt schweben Tausende Handybildschirme über ihnen, um das Geschehen auf dem Balkon zu filmen oder direkt ins Internet zu senden. „Es ist verrückt, wie viel sich in acht Jahren verändert hat“, sagt Yogeshwar.

Doch es wird noch mehr kommen. Der Moderator stellt einige Beispiele aus der aktuellen Forschung vor, die für die Anwesenden immer noch wie die Fantasien eines Science-Fiction-Autoren klingen. „Raten Sie mal, wer hier Klavier spielt. Mensch oder Maschine?“, fragt Yogeshwar und hält sein Handy hoch. Zu hören ist ein kompliziertes Klavierstück. Die meisten im Saal tippen auf einen menschlichen Musiker. So gut spielt noch keine Maschine. Oder etwa doch? „Es ist tatsächlich ein Roboter“, klärt Yogeshwar auf. Beim zweiten Mal tippen viele gleich auf die Maschine. „Aber ich bitte Sie, das waren meine Töchter“, tadelt Yogeshwar scherzhaft. Ein Unterschied ist für den Laien jedoch nicht zu erkennen. „Sie werden es nicht glauben, aber damit ihre Stimmen menschlicher wirken, bekommen Roboter heute sogar das Atmen beigebracht.“

Welche Potenziale die Fortentwicklung der Robotik und das massenhafte Sammeln von Daten über Nutzer hat, erklärt Yogeshwar mit mehreren Beispielen. Doch einiges davon klingt auch gruselig. „Stellen Sie sich vor, Sie lesen ein elektronisches Buch. Dass darin Ihr Name auftaucht, ist nichts Besonderes mehr.“ Denn die Personalisierung von Gegenständen halte längst Einzug in den Alltag. „Doch dann klingelt das Telefon, Ihre Krankenkasse ist dran und eröffnet Ihnen, sie hätten Parkinson in einem frühen Stadium.“ Ungläubiges Staunen im Publikum. Die Erklärung klingt fast schon abenteuerlich. Denn das Buch sei eigentlich ein Instrument einer Forschungsgesellschaft, die es zur Früherkennung von Krankheiten nutzt. „Die Kamera in Ihrem Lesegerät registriert Veränderungen beim Lesen in Ihrem Gesicht“, erklärt Yogeshwar. So etwa auch eine unnatürliche Weitung der Pupillen, die auf Parkinson schließen lässt. „Diese Programme gibt es schon, ich habe sie gesehen."

Doch was bedeutet all das für Unternehmer, die ihre Firma im beschaulichen Landkreis Celle haben? „Sehr viel, denn die Digitalisierung und der Fortschritt machen nirgendwo in der Welt halt.“ Und sie sind nicht nur Segen. „Wirtschaft lebt von Wettbewerb, doch die großen Plattformen im Netz sind allesamt Monopolisten.“ Man dürfe das Feld nicht amerikanischen Konzernen wie Google oder Facebook überlassen, deren interne Politik genauso undurchsichtig ist wie ihre gesellschaftlichen Ziele. „Europa muss unabhängig werden“, fordert Yogeshwar. Doch er glaubt, dass es möglich ist. „Wir werden zunehmend zu einer Wir-Gesellschaft, in der nicht mehr Unternehmen dem Kunden ein Produkt präsentieren, sondern der Kunde direkten Einfluss auf das Unternehmen und das Produkt nimmt.“

Doch nicht jeder profitiere vom Fortschritt. „Daher kommt der Trend, dass immer mehr Teile der Gesellschaft Eliten wie Politiker oder Wissenschaftler ablehnen. Sie fühlen sich abgehängt“, sagte Yogeshwar. Das müsse sich dringend ändern.

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