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17. Mai 2024

Erste Automobilkonferenz: Ein Plädoyer für Technologieoffenheit

Prominentes Podium: Neben der früheren Rennfahrerin Ellen Lohr (3. v. r.) und Olaf Bollmann von der Porsche AG (2. v. l.) kamen zahlreiche Experten aus der Automobilindustrie bei der Automobilkonferenz zu Wort. Foto: Scheffen

Nicht entweder – oder, sondern sowohl als auch: Das ist das Plädoyer für Technologieoffenheit der ersten Automobil-Konferenz, bei der namhafte Experten aus der Autoindustrie auf Einladung von NiedersachsenMetall und dem Autozulieferer ZF über das Schwerpunktthema EFuels und E-Mobilität diskutiert haben.

Ein Promo-Video von Porsche bringt den Kern der Diskussion um die Zukunft der Antriebstechnologien auf den Punkt. Man sieht eine Zeitung, eine mechanische Uhr und einen Porsche 911. Jedes Mal wird dem Zuschauer die Frage gestellt: Möchten Sie dieses Produkt auch in Zukunft noch nutzen? Die Meisten würden darauf sicher mit Ja antworten. Die Quintessenz des Videos: Warum soll man sich entscheiden, wenn es Möglichkeiten gibt, beides zu nutzen? Das bewährte und das neue Produkt? Den Verbrennungsmotor und den Elektroantrieb? Denn dass ein Sowohl-als-auch längst möglich, im Sinne der Emissionsreduktion sogar notwendig ist, haben die Beiträge der Experten auf der ersten Automobil-Konferenz von NiedersachsenMetall eindrucksvoll dargestellt. Schließlich werden aktuell 1,3 Milliarden Fahrzeuge weltweit mit Verbrennungsmotor angetrieben. Wie lange sollte es dauern, auch nur einen Großteil dieser Flotte gegen E-Autos zu tauschen?Und ist das überhaupt ein realistisches Ziel?

Bezogen allein auf den deutschen Markt lautet eine Feststellung: „Fakt ist, dass wir momentan nicht die Marktakzeptanz haben, um einen reibungslosen Übergang vom Verbrenner zur E-Mobilität erreichen zu können“, sagt Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von NiedersachsenMetall. Die Zulassungszahlen von Fahrzeugen mit Elektroantrieb der vergangenen anderthalb Jahre zeigen, dass das Interesse an E-Autos sehr stark mit der staatlichen Kaufprämie zusammenhing. Im Sommer vergangenen Jahres erreichten die monatlichen Zulassungszahlen mit rund 87.000 Stück einen Höchstwert. Danach wurde zuerst die Förderung für elektrische Flottenfahrzeuge gekippt, kurz darauf die E-Auto-Prämie komplett gestrichen. Im Januar des laufenden Jahres sank die Zahl der neu zugelassenen E-Autos auf 22.500 Stück. Um das Ziel der Bundesregierung, 15 Millionen Elektroautos bis 2030 auf den deutschen Straßen zu haben, erreichen zu können, wären 180.000 Neuzulassungen pro Monat nötig. „Diese Zahlen zeigen nicht nur, wie schwach die Marktakzeptanz ist, sondern stellen auch die schwierige Lage der Automobilhersteller und -Zulieferer dar, die Milliarden in die Forschung und Entwicklung des elektrischen Antriebs investiert haben“, sagt Schmidt. Und nun vielfach in Schieflage geraten, da sie ihre Produkte kaum absetzen können.

Anreize für technologieoffene Investitionen sind nötig

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Automobil-Konferenz sprechen sich ausdrücklich für die E-Mobilität als Antriebsart der Zukunft aus. Aber die Politik dürfe nicht länger den Eindruck erwecken, als sei sie die einzige Option, um das Klima zu schützen. „Als Ingenieur sage ich, dass es unklug ist, sich von Anfang an auf eine Technologie festzulegen“, sagt Dr. René Stahlschmidt, Leiter Bereich Vertrieb bei der CAC Engineering GmbH. „Wenn man die Klimaschutzziele erreichen will, muss man alle Chancen nutzen, die sich bieten.“

Einen solchen Ansatz verfolgt beispielsweise die Porsche AG. Der Sportwagenhersteller setzt klar auf die E-Mobilität, will bis 2030 mehr als 80 Prozent Elektrofahrzeuge verkaufen. „Wenn wir klimaneutral werden wollen, brauchen wir die E-Mobilität, das ist keine Frage“, sagt Olaf Bollmann, Vicepresident unter anderem für Strategie bei Porsche. „Aber die dafür nötigen Rahmenbedingungen sind nicht überall auf der Welt gegeben. Es sollte daher Anreize geben, technologieoffen zu investieren, anstatt einzelne Technologien zu verteufeln.“ Andernfalls werde sich kaum jemand finden, der große Summen in die Produktion der bereits ausgereiften EFuel-Variationen zu investieren bereit ist.

In China sind EFuels ein Teil der Sicherheitspolitik

Dieser Ansicht ist auch Ellen Lohr, bekannte Racerin und Motorsport-Direktorin beim Mobilitätstechnologie-Unternehmen AVL. In Deutschland werde Mobilität oft nur innerhalb der Landesgrenzen gedacht - schon in Südfrankreich suche man Ladesäulen vergeblich. Klares Statement der früheren DTM-Pilotin: „Im Motorsport werden Technologien offen und performanceorientiert behandelt.“ Ein für viele überraschendes Argument liefert China-Expertin Nicole Steiger von JSC Automotive: Denn Chinas Vorwärtsdrang in der E-Mobilität resultiere weniger aus einer Wettbewerbsstrategie als aus der sicherheitspolitischen Erkenntnis, ohne eigene Rohölvorkommen abhängig und damit verletzlich zu sein. Da sich der Ölverbrauch allerdings trotz der „new energy vehicle“ kaum reduziert hatte, wolledas Reich der Mitte künftig auf seine großen Kohlevorkommen setzen – und damit auf synthetische Kraftstoffe aus verflüssigter Kohle: Bis 2060 sollen diese Efuels 40 Prozent der chinesischen Pkw-Flotte antreiben, per Verbrenner, versteht sich. 

Gastgeber der Automobil-Konferenz, zu der zahlreiche Geschäftsführer von Zulieferern kamen, war der Autozulieferer ZF. Geschäftsführer Thomas Wehrmann, Werksleiter Jens Rümenapp und ihr Team stellten den Gästen der Konferenz das Werk in Hannover vor und gaben in einer Werksführung detailliert Einblicke in die Produktion. Rund 3200 unterschiedliche Produkte stellt ZF am Standort her, ein Großteil davon sind Elektronik- und Sensorik-Bauteile für Truck und Bus, aber auch Luftfederungssysteme für Oberklasse-Pkw. Ein Großteil der etwa 3500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den vier zu Hannover gehörenden Standorten arbeitet in der Forschung und Entwicklung. „Als Zulieferer sowohl für Automobile wie auch für Transportfahrzeuge und Busse müssen wir uns mit allen Antriebssträngen auseinandersetzen“, sagt Geschäftsführer Thomas Wehrmann.

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