Die Arbeitgeberverbände im Haus der Industrie haben in einer Anhörung vor dem Corona-Ausschuss des Niedersächsischen Landtags am Montag (14. Juni 2021) eine unternehmensfreundlichere Steuerpolitik gefordert, um die teilweise stark angeschlagene Wirtschaft nach der Corona-Pandemie schnell wieder an das Vorkrisenniveau heranzuführen. „Es bedarf gerade in der Krise energischer, steuerpolitischer Signale für mehr Investitionen, um zu zeigen: Es wird nach der Krise weitergehen, das Land bleibt auf dem Wachstumspfad“, sagt Dr. Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände.
Viele Konjunkturmaßnahmen von Bund und Land, wie etwa die Kurzarbeitergeld-Regelung, hätten bereits zur Erholung und Stabilisierung der Wirtschaft beigetragen. So bewerteten in der Konjunkturumfrage 2021 von Niedersachsenmetall, an der mehr als 820 Unternehmen mit 245.000 Beschäftigten teilnahmen, 80 Prozent der Befragten die Kurzarbeitergeld-Regelung als sehr positiv, da sie maßgeblich zur Sicherung von Arbeitsplätzen beitrug. Dies wurde durch eine Allensbach-Umfrage der Drei-Quellen-Mediengruppe zwischen Oktober 2020 und März 2021 bestätigt. Allerdings seien andere Maßnahmen wie etwa die „Novemberhilfen“ oft nicht zielgerichtet gewesen und teils von hohen bürokratischen Hürden überschattet worden. So verpuffte etwa die Wirkung des an sich sinnvollen Programms „Neustart Niedersachsen Investition“, weil zahlreiche Unternehmen trotz Förderfähigkeit und Fristeinhaltung zunächst eine Ablehnung ihres Antrags erhielten.
„Konjunkturmaßnahmen müssen nach Möglichkeit punktgenau ausgestaltet werden“, sagt Schmidt. Denn sie seien kein Allheilmittel gegen Strukturkrisen und könnten nur befristet zum Einsatz kommen. Zum einen, da sie die Gefahr von Fehlallokationen stärkten, bei der Kapital und Arbeitskräfte in Unternehmen gebunden würden, die gar nicht mehr rentabel seien. „Diese Gefahr droht vor allem dann, wenn die Konjunkturhilfen nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden“, sagt Schmidt. Zum anderen dürfe man nicht außer Acht lassen, dass staatliche Konjunkturhilfen mithilfe von neuen Schulden finanziert würden. „Die bisher von Bund und Ländern aufgenommen Schulden begrenzen deutlich den staatlichen Handlungsspielraum in Zukunft“, warnt Schmidt.
Statt weiter auf staatliche Gelder zu setzen, müsse sich eine kluge Wirtschafts- und Finanzpolitik nun die Vorteile der Steuerpolitik zunutze machen. „Die daraus resultierenden psychologischen Wirkungen sind nicht zu unterschätzen, weil sie die Zukunftserwartungen der Unternehmen nachhaltig stabilisieren“, sagt Schmidt.
Konkret müsse die Politik mehrere Maßnahmen treffen, die auch von renommierten Ökonomen für sinnvoll erachtet werden:
- Die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags für Personen- und Kapitalgesellschaften
- Eine erneute Ausweitung des steuerlichen Verlustrücktrags auf mindestens 2018 und 2017 und eine Anhebung der Kappungsgrenze
- Die Senkung der Körperschaftssteuer
- Die Anhebung der Wertgrenze für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern von 800 Euro auf 1500 Euro
- Die komplette Abschaffung der EEG-Umlage
- Die Beibehaltung der degressiven AfA über 2021 hinaus
Zudem müsse das vereinbarte Belastungsmoratorium endlich Anerkennung und Umsetzung finden, damit die Wirkung von konjunkturunterstützenden Maßnahmen nicht durch Belastungen an anderen Stellen wieder aufgehoben werde. Die Bundesregierung hatte im April 2020 ein Moratorium beschlossen, wonach zusätzliche Belastungen für Beschäftigte und Unternehmen angesichts der Corona-Krise vermieden werden müssten. „Daran wurde sich aber nicht gehalten. Stattdessen wurden eine Reihe von belastenden Gesetzen wie etwa das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Einführung der CO2-Steuer beschlossen“, kritisiert Schmidt. „Ein Belastungsmoratorium, das nicht umgesetzt wird, führt zu Vertrauensverlust, Aufschiebung von Investitionen und im schlimmsten Fall zu Investitionsverlagerung ins Ausland“, sagt Schmidt.
Um also die Investitionen im Standort Deutschland zu fördern, müsse sich die Finanzpolitik dieser Gefahren bewusst sein und sie in die künftige Steuerpolitik einfließen lassen. Schmidt: „Insofern sind Krisen auch immer Katalysatoren für bessere Lösungen, getreu dem Motto: In der Not wächst das Rettende.“